Gestern hatte ich mich entschlossen heute nach dem Essen rauszugehen und mich mit Lisa, eventuell Nina (sie ist noch krank) und ein paar anderen, mit denen ich mich lose verabredete, um 15:00 am Rheinufer zum gemeinsamen Training zu treffen. Im Endeffekt stand ich alleine da, hatte aber dennoch meinen Spaß:
Ich hab' mich durch Präzis an den Steinen warm gemacht und hatte daran auch meine Freude. Ein paar Kinder versuchten auch ihren Weg über die Steine an das "andere Ufer" zu finden und hüpften mit mir durch die Gegend. Ich selber schaffte einen neuen Präzisionssprung von 9 1/2 Füßen, den ich wahrscheinlich bald mal aufnehme.
Nach einiger Zeit fiel mir ein etwa 12 Jahre alter Junge, wahrscheinlich türkischer Herkunft, auf, der versuchte meine Drehungen an den Metallklötzen zu imitieren. Nachdem ich ihm das "Daumen Hoch"-Zeichen mit einem breiten Grinsen präsentierte fing er an mir auf den Steinen zu folgen. Ich suchte mir immer schwerere Routen aus und baute auch kleinere Animalwalk Partien mit ein. Er machte einfach immer alles nach, was ich an den Vibrationen der Metallgebilde und der Resonanz im Boden spürte. "So ganz gesund kann sein Stil nicht sein", dachte ich mir und wies ihn mit einem "Psst. Leise..." darauf hin. Fortan bewegten wir uns wie eine Kreuzung aus Ninjas und Katzen auf den Steinen fort und ich wartete immer nach längeren Kombinationen auf ihn.
Irgendwie kamen wir so ins Gespräch und er fragte mich, was ich da mache: "Trainieren." und warum ich es mache: "Damit ich gut gelaunt bin und um Menschen helfen zu können."
Ich kletterte noch ein bisschen mit ihm an Wänden und gab' ihm Tipps zur Gelenkschonung, zur Muskelstärkung (Quadrupedie die Treppen hoch und runter) und brachte ihm das Rad über Links bei. Er schaffte es die ganze Zeit nicht, aber als ich ihn darauf hinwies, er solle zuerst nachdenken und es dann versuchen, klappte es beim ersten Versuch.
Dieses Prinzipium wandte ich auch auf die Präzisionssprünge und die Klettereien an. "Wenn du hier runter springen würdest, würdest du dir wehtun. Ich nicht. Meine Beine sind schon wie Sprungfedern, weil ich das schon seit zwei Jahren übe. Deine Beine sind aber noch ein bisschen wie Holz, da würde es weh tun. Deswegen lieber so *kraxel* herunterklettern. Von da oben könnte ich noch nicht herunterspringen, weil ich schwach bin. Aber ich trainiere um stärker zu werden. Ganz langsam immer stärker."
Er verstand. Zumindest in seinem Unterbewusstsein. Immer noch wie ein kleiner Berserker rannte er auf eine Holzlattenkonstruktion zu. Ich vermutete er wollte dort hinauflaufen, dachte mir aber zugleich, dass es zu instabil wäre. Also hielt ich ihn mit einem "Halt!" und einem Tippen an meine Schläfe zurück. Er bremste, schaute mich an, sah mein Tippen und sagte "Ach ja, zuerst Nachdenken." Er schloss die Augen und sagte nach etwa zwei Sekunden Pause "Stimmt, das Holz könnte brechen und ich würde mich verletzen". Mein Herz ging auf, wunderbar.
Wir unterhielten uns noch über Jackie Chan und Bruce Lee (Seine Vorbilder und für mich sicherlich inspirierend) und trainierten noch ein wenig. Als ich nach der Quadrupedie an den Treppen gegen Ende total erschöpft war, dehnte ich mich noch ein bisschen, zog' meinen restlichen Kram wieder an und packte meine Sachen. Ich verabschiedete mich von ihm und fragte ihn "Und? Was hast du heute gelernt?" ... "Immer erst Nachdenken!" erwiderte er mit einem breiten Grinsen.
Es hat sich gelohnt.
- Dirk