Montag, 17. November 2008

Kölnische Rundschau

Anziehende Bewegung

Von Tim Attenberger, 16.11.08, 21:33h
Die Stadt ist ihr Trainingsgelände: Bei "Le Parkour" geht es darum, einen vorher festgelegten Weg möglichst in Luftlinie zu bewältigen. Hindernisse, die auf der Strecke liegen, werden dabei überwunden. In Köln ist die Sportler-Szene recht aktiv.

Schon von weitem fällt Spaziergängern im Mediapark an Samstagen eine ungewöhnliche Gruppe auf: Junge Frauen und Männer in lässiger Sportkleidung ziehen sich an Mauervorsprüngen hoch, springen über Geländer oder balancieren auf schmalen Betonstegen. Das sieht auf den ersten Blick ein wenig seltsam aus, hat aber einen durchaus ernsten Hintergrund, sie trainieren für die Sportart „Le Parkour“.

Eine Frau, die auf dem Fahrrad vorbeikommt, hält an und möchte wissen, was die Gruppe eigentlich macht. „Das erleben wir sehr oft“, sagt Dirk Meyer. Der 19-Jährige ist seit vier Jahren in der Parkour-Szene aktiv und in Köln der Kopf der Bewegung. „Leider begegnen uns viele Leute mit Vorurteilen, weil sie denken, dass wir etwas zerstören.“

Doch genau darum geht es den „Traceuren“ nicht. Im Gegenteil haben sie selber mit den Hinterlassenschaften anderer Gruppen zu kämpfen. Meyer hat auf dem Boden Glasscherben entdeckt und räumt nun Splitter für Splitter weg, damit sich niemand verletzt. Dann konzentriert er sich, schließt die Augen, schlägt sie wieder auf, deutet den geplanten Sprung zunächst nur an und geht die Bewegung in Gedanken nach. „Parkour ist eine Kopfsache, es geht darum, sich einer Aufgabe zu stellen“, erklärt er, nimmt einen kurzen Anlauf, springt über eine Mauerkante, sein Körper streckt sich dabei in die Länge. Auf dem Boden gelandet, rollt er sich ab.

Zähneputzen auf nur einem Bein

Besonders auf Außenstehende wirken solche Bewegungen anziehend. „Dadurch bekommt Parkour auch das falsche Image, eine spektakuläre Sportart zu sein, wobei es in Wirklichkeit nur um effizientes Bewegen geht.“ Diese Situation kennt auch Andreas Bindewald, der erst seit sieben Monaten dabei ist. „Instinktiv vergleicht man sich mit den anderen und wird unvorsichtig“, weiß der 19-Jährige. Schon zweimal habe er sich bei Sprüngen verletzt, weil er dafür noch nicht bereit war.

Da Parkour nicht in Vereinen organisiert ist, gibt es auch keinen geregelten Trainingsbetrieb. Interessenten finden ihren Weg zum Parkour über das Internet oder einen Workshop der „Playstation Art of Movement-Tour“, an der Meyer als Trainer mitwirkt: „Die Workshops sind eine der wenigen Möglichkeiten, sich zentral zu treffen, und Anfänger kriegen dort einen professionell angeleiteten Einblick.“

Lisa Lindenthal ist darüber schon hinaus und sucht sich ihren Weg durch die Betonlandschaft selber. „Man bekommt mit der Zeit einen Blick dafür, was man wo machen kann“, meint die 19-Jährige, die eine der wenigen Frauen im Parkour-Sport ist und das sehr bedauert. Viele Mädchen hätten einfach nicht genug Geduld. „Man kommt nur Schritt für Schritt voran. Ich übe sogar im Alltag und stehe beim Zähneputzen auf nur einem Bein“, erzählt sie und hüpft locker über den nächsten Betonpoller.

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Danke noch einmal an Tim für die gute Zusammenarbeit!